Verfassungsrichterwahl abgesetzt
Die für heute vorgesehene Wahl von drei Richtern für das 16-köpfige Bundesverfassungsgericht ist abgesetzt worden. Nach einem komplizierten Verfahren werden Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte von Bundesrat und Bundestag gewählt. Ursprünglich war vorgesehen, heute drei neue Richter – einen auf Vorschlag der Union und zwei auf Vorschlag der SPD – zu wählen. Dazu kommt es nun nicht.
Während unser Kandidat Prof. Spinner, Präsident des Bundesarbeitsgerichts und einstimmiger Vorschlag der amtierenden Bundesverfassungsrichter, wohl unbestritten eine Mehrheit hätte, hat sich an einer der beiden Kandidatinnen der SPD, Frau Prof. Brosius-Gersdorf, hat eine öffentliche Debatte entzündet. Sie vertritt z.B. in der Frage des Schutzes ungeborenen Lebens eine grundsätzlich andere Position als wir in der Union. Solche Bedenken bestehen gegenüber der zweiten von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin, Frau Prof. Kaufhold, nicht.
Bis heute Morgen waren wir in der Union in großer Zahl bereit, Frau Prof. Brosius-Gersdorf trotzdem zu wählen. Für mich war ausschlaggebend, dass vor allem ihre fachliche Eignung als Richterin nicht in Zweifel gezogen wurde. Heute Morgen jedoch kamen substantielle Vorwürfe an die Öffentlichkeit, die auf Plagiate in Ihrer Doktorarbeit hindeuten. Sollten sich diese Vorwürfe bestätigen, wäre sie eindeutig fachlich ungeeignet.
Wir haben deshalb der SPD vorgeschlagen, auf die Wahl von Frau Prof. Brosius-Gersdorf zu verzichten, die Wahlen zu den beiden anderen Vorschlägen jedoch im Bundestag wie geplant durchzuführen. Dazu war aber die SPD nicht bereit. Da wir es für unmöglich halten, angesichts der neuerlichen Vorschläge heute über die Wahl von Frau Prof. Brosius-Gersdorf zu entscheiden, wurde die Wahl für heute insgesamt abgesetzt.
Eine breite Mehrheit für Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts im Bundestag setzt voraus, dass ihre Befähigung über jeden Zweifel erhaben ist. Nicht zu sehr die politische Einstellung, sondern das Können müssen im Vordergrund stehen. Ich finde, alle Fraktionen im Bundestag sind verpflichtet, zuallererst darauf zu achten, dass ihre Vorschläge tragfähig sind. Der Vorschlag Brosius-Gersdorf der SPD erfüllt diese Anforderungen aus heutiger Sicht leider nicht.