Krieg gegen die Ukraine – Präsident Selenskij mahnt zu mehr Engagement

Die verbrecherischen Angriffe der russischen Armee auf die ukrainische Zivilbevölkerung werden immer brutaler. Präsident Selenskij hat in der vergangenen Woche einen eindringlichen Appell an uns alle im Deutschen Bundestag gerichtet. Wir müssen auf ihn hören und uns jeden Tag fragen: Tun wir genug, um den gerechten Freiheitskampf der Ukrainer zu unterstützen?

Für mich ist klar: Ein aktiver Kriegseintritt der NATO kommt nicht in Frage. Zu groß wäre das Risiko einer weiteren Eskalation des Krieges. Putin ist alles zuzutrauen. Würde es tatsächlich zu Kämpfen der NATO gegen Russland kommen, wären die Ukraine und benachbarte Länder das Schlachtfeld. Die Verwüstungen wären noch größer und grauenhafter, als bereits heute schon. Und in der Sackgasse, in der Putin sich befindet, käme ihm die NATO als Gegner propagandistisch gerade recht.

Umso mehr müssen wir die anderen Instrumente des Drucks auf Russland erhöhen. Zu spät hat Deutschland mit Waffenlieferungen an die Ukraine begonnen. Bundeskanzler Scholz hat erst nach Ausbruch der Kämpfe seine ablehnende Haltung aufgegeben. Ich glaube, es ist noch mehr möglich als derzeit geschieht. Ich erwarte, dass mögliche Lieferungen der deutschen Rüstungsindustrie umgehend genehmigt werden. Jeder Tag Zeitverzug kostet in der Ukraine Menschenleben. Das zweite Feld der Unterstützung der Ukraine ist eine harte Sanktionspolitik gegen Russland. Bei Sanktionen ist zu allererst Geschlossenheit erforderlich. Nationale Sanktionen können rasch umgangen werden. International einheitliche Sanktionen hingegen verfehlen ihre Wirkung nicht. Mein Kollege Norbert Röttgen fordert die sofortige Beendigung des Öl- und Gasbezugs aus Russland. Selbst wenn wir über weitere Sanktionsverschärfungen nachdenken, sollten wir uns einen solchen Schritt gut überlegen. Der sofortige Ausstieg aus russischem Gas wäre für die deutsche und europäische Wirtschaft nicht zu verkraften. Die Lehre daraus ist für mich, dass wir schnell Alternativen für russisches Gas entwickeln. In der großen Koalition war für die SPD das Thema Gas aus Russland aber nicht verhandelbar. Wir hätten uns bereits früher stärker gegen die zu hohe Abhängigkeit vom russischen Gas engagieren müssen. 

Die Bundesregierung macht auch heute Fehler. Olaf Scholz hat es vorgezogen, der Rede Präsident Selenskijs vor dem Deutschen Bundestag nur zuzuhören und gegenüber dem Bundestag dazu zu schweigen. Es wäre die ideale Gelegenheit für den Bundeskanzler gewesen, die deutsche Position in aller Öffentlichkeit darzustellen und so auf Selenskijs Wünsche nach einem NATO-Kriegseintritt etwas zu entgegnen. Stattdessen ging der Bundestag zur Tagesordnung über, die Präsidentin verlas Geburtstagsglückwünsche und leitete die Debatte zur Impfpflicht ein. Weniger Gespür für die emotionale Lage in der Ukraine kann man wohl kaum zeigen. Der Unions-Antrag auf Einfügung einer Regierungserklärung an dieser Stelle der Tagesordnung fand leider keine Mehrheit. 

Bild: © Thommy Weiss_Pixelio

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